Edward Hopper

Stairway (1949)

30.10.2023

Edward Hopper, einer der bedeutendsten US-amerikanischen Künstler, wurde 1882 geboren. Er studierte zunächst Illustration, dann Malerei. Zwischen 1906 und 1910 reiste er mehrfach nach Europa. Die Pariser Avantgarde beeindruckte ihn besonders. 1924 erhielt er die erste Einzelausstellung, die es ihm erlaubte, sich ganz seiner Malerei zu widmen. Bedeutende Museumseinkäufe und große Ausstellungen bestätigten seinen Erfolg bis zu seinem Tod 1967. Hoppers Nachlass – über 3000 Arbeiten – ging an das Whitney-Museum in New York.

Hoppers kühle, realistische Bilder mit ihren großen Licht- und Schattenflächen und einer von Edgar Degas beeinflussten radikalen Perspektive des unbeteiligten Voyeurs erinnern an die fragile Ruhe von sogenannten Film-Stills, Standfotos.

Hopper schafft Rätselbilder, die sich nicht einfach lösen lassen. In „Railroad Sunset“ etwa ist unklar, woher die Schienenstränge kommen und wohin sie führen. In „Stairway“, einem kleinen, unheimlichen Bild, blicken wir durch eine offene Tür ein paar Stufen hinunter auf eine undurchdringliche Masse aus Bäumen oder Hügeln unmittelbar davor. Die Tür ist kein einladender Durchgang, der Innen und Außen verbindet, sondern, wie es der Dichter Mark Strand in dem Buch „Über Gemälde von Edward Hopper“ notierte, „eine paradox konstruierte Geste, um uns da festzuhalten, wo wir sind“.

Railroad Sunset (1929)

Nicht zuletzt das düstere Bild "Stairway", findet Ulf Küster [1], aber auch die Beobachtung, dass bei einigen Geisterhäusern Hoppers die Türen fehlen, Strommasten keine Leitungen führen, Fenster wie blinde Augen wirken, macht den Maler zu einem Surrealisten, vergleichbar mit René Magritte. Richtig ist, dass es bei Hopper immer etwas außerhalb gibt, das seinen Einfluss auf die Personen im Bild geltend macht.

Nighthawks (Nachtschwärmer) Hoppers bekanntestes Gemälde (1942)
Portrait of Orleans (1950)

Hopper-Bilder wecken den Drang, sich eine Geschichte für sie auszudenken. Regisseur Wim Wenders sagt, er habe sie schon immer als Standbilder von nie gedrehten Filmen wahrgenommen. Schon 1977 hat sich Wenders bei den Dreharbeiten zu "Der Amerikanische Freund" Bilder aus einem Hopper-Katalog herausgetrennt und an die Wand seines Produktionsbüros gepinnt, um sie als Vorbilder für Einstellungen zu benutzen. 20 Jahre später baute er in seinen Film „Am Ende der Gewalt“ in einer Szene Hoppers nächtliches Bar- und Kultbild „Nighthawks“ (1942) nach. Aber auch sein Film „Paris, Texas“ (1984) ist von Bildern Hoppers beeinflusst.

Für die Ausstellung in der Foundation Beyeler in Basel drehte Wenders den 3D-Kurzfilm „Two Or Three Things I Know About Edward Hopper“ (2020), in dem er Hoppers Bilder nicht nur rekonstruiert – etwa die Tankstelle mit den drei roten Zapfsäulen, einem unergründlichen Wald und Tankwart mit Krawatte in „Gas“ –, sondern weiter erzählt. Der Kurzfilm war nur in der Ausstellung zu sehen.

Aus dem Wim Wenders Film "Two Or Three Things I Know About Edward Hopper"

In Hoppers „Gas“, Schlussakkord der Ausstellung, bringt Wenders nicht nur den Tankwart in Bewegung, sondern lässt einen Wagen vorfahren, dem eine Frau entsteigt, die sich wortlos und mit eingefrorener Miene eine Zigarette anzündet, bevor sie, von einem Mann chauffiert, weiter fährt – Wenders ließ die Tankstelle eins zu eins nachbauen. Welches Drama steckt in der Szene? Das bleibt offen.