Die Simulation

20.6.2020

Ein Lieblingsthema der Medien sind die Verschwörungstheorien. Verschwörungstheorien werden von Männern aufgestellt, die zweierlei im Sinn haben: zum Einen zeigt ihre Theorie, dass sie mehr wissen als andere (ein Akt der Überheblichkeit), zum Anderen wollen sie jemandem oder einer Organisation schaden.

Solche "Theorien" gab es schon immer [1]. Jedes Jahrhundert brachte seine speziellen Verschwörungstheorien hervor. Im 15. Jahrhundert dominierte die kirchliche Hexenlehre. In den folgenden Jahrhunderten wuchs die Zahl der Verschwörungstheorien ständig an. Im 19. Jahrhundert waren es 8, im 20. Jahrhundert 61, und im jetzigen Jahrhundert sind es schon 21, so dass man bis zum Jahr 2099 mit 105 oder mehr Verschwörungstheorien rechnen darf.

Eine der bekanntesten Verschwörungstheorien ist die von den nicht stattgefundenen Mondlandungen. In den Jahren 1969 bis 1972 gab es 6 Mondlandungen der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA mit den Missionen Apollo 11, 12, 14, 15 (mit Mondauto), 16, 17 und insgesamt 18 Astronauten [4]. 382 Kilogramm Mondgestein wurden zur Erde gebracht. Sämtliche Tatbestände wurden von einem amerikanischen Verschwörungstheoretiker zu seiner eigenen Profilierung geleugnet. Wie immer fand auch diese "Theorie" zahlreiche Anhänger, ein Phänomen, das sich auf einer Grundhaltung des Leugnens der Realität gründet, was wichtig ist im Zusammenhang mit der "Simulation", von der im Folgenden die Rede sein wird.

Die eigene Existenz zu leugnen ist schwierig. Tagtäglich ist man sich selbst bewusst und trifft ständig Entscheidungen, die das eigene Leben oder das anderer beeinflussen. Also ist man körperlich und geistig da - "Ich denke, also bin ich". Welche Rolle man im Universum spielt, ist zunächst einmal unerheblich. Und doch gibt es auch dafür Theorien.

Naheliegend ist, dass die Welt von "außen" erzeugt und gesteuert wird. Naturgesetze aufstellen, Sterne bauen, Lebewesen kreieren - ein Labor Experiment [2]. Dafür gibt es die Super-Intelligenz, die wir nie zu Gesicht bekommen werden. Eine andere Überlegung sieht den gesamten Kosmos als ein biologisches System, das Bestandteil eines "höheren" Wesens ist. Unsere Sonnensysteme und Galaxien sind nichts anderes als die Atome und Moleküle von Zellen und Zellverbänden als die Grundelemente eines kompletten Organismus. Menschen, Ameisen usw. sind darin nur Abberationen, stören aber nicht. Im Essay "Das Ende der Welt" ist die Rede von den zwei Hyperraumwesen Rip und Raquel Smashenburn. Beide repräsentieren ein jeweils komplettes Universum. Unser Sonnensystem befindet sich irgendwo in Rips Appendixregion. Den Untergang des Sonnensystems nimmt Rip als leichte Blinddarmreizung wahr. Immer wenn ein Universum erlischt, ist auch das Leben des Hyperraumwesens zu Ende.

Die eindrucksvollste und überzeugendste Theorie ist jedoch die von der Simulation. Die Welt und die Lebewesen und Dinge darin sind Objekte eines Computerprogramms, das irgendwo außerhalb des Universums auf einem sehr leistungsfähigen Computer läuft. Natürlich müssen unsere Vorstellungen von Programmierung und Computern nicht unbedingt zutreffend sein. Wahrscheinlich sollte man sich eher einen wabbeligen quibbeligen hyperintelligenten organischen Quantencomputer (wqhoQ) in der Größe tausender Galaxien vorstellen, der aus purem kreativen Spaß Universen programmiert und dabei durchaus ins Detail geht. Beim Versuch, interessante "intelligente" Wesen zu codieren, kommt es immer wieder zu Ausrutschern wie irrationalen Prägungen. Aber gerade das macht dieses gigantische Videospiel im extrakosmischen Hyperraum so interessant.

Um all das zu begreifen, ist Introspektion notwendig. Die Vorstellung, man existiere gar nicht wirklich, sondern sei ein selbstreflektierendes Code-Objekt, bestehend aus mehreren tausend Programmzeilen, erscheint zunächst völlig absurd. Doch Seth Lloyd vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) meint: "The Universe can be regarded as a giant quantum computer. If one looks at the 'guts' of the Universe – the structure of matter at its smallest scale – then those guts consist of nothing more than quantum bits undergoing local, digital operations." Das legt nahe, dass alle Objekte, die wir wahrnehmen, zum Beispiel die Kaffeetasse auf dem Tisch, die Kinder im Garten, die Berge am Horizont, die Sonne zwischen den Wolken, simuliert sind. Sie existieren nicht physisch, sondern lediglich als semantische Beschreibung von Szenen, die als Sätze von Variablen an die Routinen zur audiovisuellen Wahrnehmung übergeben werden - im Millisekundentakt.

Viele Menschen wollen nicht an die Simulation glauben wegen der Haptik [5]. Sie glauben, dass etwas physisch da sein muss, wenn sie es anfassen können. Dabei verstehen sie nicht, dass der wqhoQ taktile Reize genauso erzeugen kann wie optische oder akustische. In der Regel gehen die Datensätze der taktilen und optischen Reizung gleichzeitig an die Wahrnehmungsroutinen, womit dann eine Identifizierung und Bewertung des Objekts in Echtzeit ermöglicht wird. Im Inneren des wqhoQ, in dem wir leben, laufen solche Wahrnehmungsprozesse unaufhörlich ab. In einer voll programmierten Welt interagieren Myriaden von Objekten und sind sich ihrer realen körperlichen Existenz bewusst. Natürlich sind ihre Entscheidungen eine Folge des aktuellen Programmstatus; die Objekte sprechen oftmals von "Schicksal".

Der Vorstand. Die Frau ist Einbildung

Bewusstsein ist die Quintessenz des Menschseins. Doch wieviel Täuschung darin liegt, sieht man schon an der Einbildung. Man kann sich alles mögliche einbilden und tut es auch meist unbewusst. Berüchtigt sind Zeugenaussagen vom Verlauf eines Verbrechens oder eines Unfalls, die sich als falsch herausstellen. Sehr schnell wird klar, dass der Wahrnehmungsprozess getäuscht und das Ergebnis als real akzeptiert wurde. Man sieht, dass der Mensch getrieben wird von Inputs aller Art. Wirklich erklärbar sind wir erst im simulierten Zustand als codiertes Objekt im strategischen Hyperraum-Prozessgeschehen des wqhoQ.

Es lohnt sich, einmal innezuhalten. Zu wissen, dass die Tasse voll dampfenden wohlduftenden Kaffees in meiner Hand nicht physisch existiert, sondern als digitale Wahrnehmung, und der kurze Schmerz bei Benetzung der Lippen mit der heißen Flüssigkeit keine wirkliche Begebenheit ist, sondern ein Alarm-Event - all das kann durchaus beunruhigend sein, muss es aber nicht. Menschen, die nichts davon wissen wollen, dass sie nur simuliert sind, können ihre Erfahrungen jederzeit zur Einbildung erklären.

Zum Schluss stellt sich die Frage, ob "Die Simulation" eine Verschwörungstheorie ist. Man kann sie ohne weiteres dafür halten, und viele werden das auch so verstehen. Zu bedenken ist jedoch, dass Die Simulation eine Erkenntnis wissenschaftlicher Forschung ist (Quantentheorie usw.). Eine Verschwörung, die sich gegen Jemanden oder Etwas richten soll, ist nicht zu erkennen. Entsprechend dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist die Simulation ganz einfach die Welt, in der wir leben.

Ob unsere simulierte Existenz vielleicht doch das Produkt einer Verschwörungstheorie ist, wird erst die Zukunft zeigen.

Quellen:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Verschwörungstheorien
[2] http://www.bbc.com/earth/story/20160901-we-might-live-in-a-computer-program-but-it-may-not-matter
[3] https://www.bbc.com/future/article/20160922-what-if-the-aliens-we-are-looking-for-are-ai
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Apollo-Programm
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Haptische_Wahrnehmung